Der Burgenländische Landes-Rechnungshof (BLRH) hat aufgrund eines Antrags der Burgenländischen Landesregierung das Vergabeverfahren Notarzthubschrauber geprüft. Gegenstand des Vergabeverfahrens war der Betrieb von zwei Notarzthubschrauber Standorten im Burgenland. Neben dem bestehenden Standort in Oberwart war ein weiterer Standort im Nordburgenland vorgesehen. Das Vergabeverfahren und die gerichtlichen Auseinandersetzungen
verursachten Kosten von rund 70.500 Euro. Bei der Vorbereitung und Durchführung des Vergabeverfahrens gab es zahlreiche Ungereimtheiten. Die erste Zuschlagsentscheidung Mitte 2022 an die Martin Flugrettung GmbH erklärte das Landesverwaltungsgericht für nichtig. Die Auftragserteilung ging schließlich Ende 2022 an den Christophorus Flugrettungsverein. Die Inbetriebnahme des neuen Standortes im Nordburgenland erfolgte nicht wie geplant im Oktober 2023. Bis wann der neue Standort tatsächlich in Betrieb gehen wird, war offen.
Die Details im Überblick
Mangelhafte Vorbereitungsphase
In der Vorbereitungsphase dokumentierte das Land Burgenland die Bedarfsermittlung nicht ausreichend. Im Vergabeakt waren auch keine statistischen Analysen oder Auswertungen der Notarzteinsätze im Burgenland enthalten. Die nur unzureichend dokumentierte Bedarfsermittlung war vor allem deshalb kritisch zu sehen, da die zukünftigen Ausgaben für den Notarzthubschrauber Standort im Nordburgenland deutlich steigen werden. Das Land Burgenland nahm keine Berechnungen des geschätzten Auftragswerts gemäß dem Bundesvergabegesetz Konzessionen vor. Auch hier dokumentierte das Land Burgenland die Gründe für die Qualifikation der ausgeschriebenen Leistung als Dienstleistungskonzession nicht. Für die Beauftragung eines externen Dienstleisters für die Abwicklung des Vergabeverfahrens holte das Land Burgenland Vergleichsangebote dreier Rechtsanwaltskanzleien ein. Die Beauftragung des Bestbieters erfolgte nur mündlich. Das Land Burgenland beendete dieses Auftragsverhältnis ohne nachvollziehbare Begründung vorzeitig und beauftragte eine andere Rechtsanwaltskanzlei. Diese Kanzlei war von der ursprünglichen Einholung der Vergleichsangebote nicht umfasst.
Verfahrensphase: Fehlende Genehmigungen und Missachtung der Ausrückzeit
Im Vergabeverfahren selbst nahmen als Bieter die Martin Flugrettung GmbH und der Christophorus Flugrettungsverein teil. Die Martin Flugrettung GmbH erbrachte keinen Nachweis der luftfahrtrechtlichen Genehmigung und übermittelte auch kein Rating oder eine vergleichbare Bonitätsbewertung für verbundene Unternehmen. Die Eignung der Martin Flugrettung GmbH lag somit nicht vor. Die Martin Flugrettung GmbH wäre daher als Bieter auszuscheiden gewesen. Das Land Burgenland sah in seiner eigenen Notarztrettungsdienst Richtlinie eine maximale Ausrückzeit von drei Minuten vor. Während des Verfahrens legte das Land Burgenland jedoch eine Ausrückzeit von bis zu fünf Minuten fest. Somit berücksichtigte das Land Burgenland die Vorgaben seiner eigenen Richtlinie nicht. Die Kalkulationsunterlagen der Bieter unterlagen keinen Vorgaben zu Gliederung oder Umfang. Insofern waren diese sowohl strukturell als auch inhaltlich unterschiedlich und somit nicht vergleichbar. Dies traf auch auf das Zuschlagskriterium Treibstoffverbrauch und CO₂ Emissionen zu. Das Land Burgenland gab zwar Vorgaben zu den anzunehmen Einsätzen und Flugkilometern pro Jahr vor, die Bieter zogen jedoch bei ihren Berechnungen abweichende Parameter heran.
Passivität bei der Standortfestlegung
Das Land Burgenland befasste sich selbst nicht mit der Erhebung etwaiger geeigneter
Notarzthubschrauber Standorte. In den Vergabeunterlagen waren Studien oder Gutachten zu potenziellen Standorten nicht enthalten. Der Burgenländische Landes-Rechnungshof wies deshalb kritisch auf die Tatsache hin, dass insbesondere im vorgesehenen Bezirk Neusiedl am See zahlreiche Natur- und Wasserschutzgebiete erhöhte Anforderungen an die Realisierung solcher Projekte stellten. Die Standortfindung lagerte das Land Burgenland an die Bieter aus. Diese Passivität des Landes Burgenland bei der Standortfrage war für den BLRH mitverantwortlich dafür, dass in weiterer Folge Änderungen in Bezug auf den Standort vorgenommen werden mussten
Nachbereitungsphase noch nicht abgeschlossen
Die Zuschlagsentscheidung fiel im Juni 2022 an die Martin Flugrettung GmbH. In weiterer Folge brachte der Christophorus Flugrettungsverein gegen diese Zuschlagsentscheidung ein Rechtsmittel beim Burgenländischen Landesverwaltungsgericht ein. Dieses erklärte in einem ersten Erkenntnis die Zuschlagsentscheidung für nichtig. Das Land Burgenland traf darauf eine Widerrufsentscheidung und brachte eine außerordentliche Revision ein. Der Christophorus Flugrettungsverein brachte einen zweiten Nachprüfungsantrag ein und das Burgenländische Landesverwaltungsgericht traf ein zweites Erkenntnis und gab dem Nachprüfungsantrag statt. Die außerordentliche Revision zog das Land Burgenland nach vier Monaten wieder zurück. Die Gründe dafür waren nicht ausreichend dokumentiert und somit war nicht erkennbar, welchen Mehrwert dies bringen sollte.
Unklarheit bei Inbetriebnahme des neuen Standorts
Die Auftragserteilung ging schließlich an den Christophorus Flugrettungsverein und das Land Burgenland schloss im Dezember 2022 den Konzessionsvertrag ab. Gemäß dem Vertrag hätte der Notarzthubschrauber Standort im Nordburgenland mit Oktober 2023 in Betrieb gehen sollen. Im Konzessionsvertrag war der Standort Zurndorf II festgelegt, obwohl im Rahmen des Zuschlagskriteriums „Verkürzung der Standortbereitstellung“ der Standort Gols bewertet wurde. Zurndorf II wirkte sich jedoch negativ auf den Umfang der versorgten Bevölkerung aus. Von Zurndorf II aus konnten innerhalb von 15 Minuten ab Alarmierung rund 15 Prozent weniger Einwohner des Burgenlandes versorgt werden als von Gols aus. Im September 2023 lagen die notwendigen flugrechtlichen Bewilligungen für den Betrieb des Standortes im Nordburgenland nicht vor. Bis wann der neue Standort den Betrieb aufnehmen wird, lag nicht fest.
Kosten der Abwicklung
Die Abwicklung des gesamten Vergabeverfahrens verursachte Kosten von rund 70.500 Euro. Davon fielen rund 32.900 Euro bis zur Zuschlagsentscheidung zugunsten der Martin Flugrettung GmbH an. Nach dieser Entscheidung fielen in Folge der erhobenen Rechtsmittel weitere rund 37.600 Euro an. Von dieser Summe entfielen rund 22.300 Euro auf Rechtsanwaltskosten und rund 15.300 Euro auf Gerichtsgebühren.